Forum zur Zukunft der Berger Kirche
Die Berger Kirche ist nicht nur sanierungsbedürftig, sondern aus Sicht der evangelischen Gesamtkirchengemeinde – ihrer Eigentümerin – auch verzichtbar. Wie kann die Kirche als prägendes Gebäude oder auch als Gotteshaus, was viele Gemeindeglieder wünschen, dennoch erhalten werden? Das war die Frage beim Gemeindeforum, bei dem es um Ideen für eine zukünftige Nutzung ging.
Gut 50 Leute kamen zum Forum in die Berger Kirche. Sie erfuhren, dass die Zahl der evangelischen Gemeindeglieder in Stuttgart seit den 70er-Jahren von rund 140 000 auf 54 000 geschrumpft ist. Im Verhältnis dazu hat die Kirche zu viele Immobilien und zu wenig Geld. Sparen wolle man aber nicht an der Gemeindearbeit, sondern lieber an den Gebäuden, erklärte Kirchenpfleger Hermann Beck. Deshalb sei die „Immobilienliste 2005“ entstanden, auf der unter anderem die Berger Kirche als verzichtbar geführt ist.
Der Sanierungsbedarf der Berger Kirche spielt dabei zwar auch eine Rolle, aber es gehe auch um Strukturen und den Erhalt einer bestimmten Gemeindegröße. Im Klartext heißt das: Die Gesamtkirchengemeinde will die Berger Kirche nicht behalten, auch dann nicht, wenn man das Geld für die Renovierung auftreiben würde. Man wolle die Kirche aber erhalten und eine angemessene Nutzung für sie finden, sagten Beck und Traugott Hahn, Vorsitzender des Gesamtkirchengemeinderats Stuttgart.
Damit sei eine würdige Nutzung gemeint, möglichst öffentlich zugänglich, eventuell auch als ein Zentrum für den Stadtteil. Denkbar sei die Nutzung durch eine andere – allerdings christliche – Religionsgemeinschaft, denkbar sei auch eine kulturelle Nutzung als Museum, Ausstellungsraum, Bibliothek oder Künstlerateliers. Gefunden hat sich nichts in dieser Richtung, auch die Landeskirche wird ihr Bibelmuseum nicht in der Berger Kirche eröffnen, sondern beim CVJM in der Büchsenstraße. Deshalb müsse man schließlich auch an eine gewerbliche Nutzung denken: Gastronomie, Produktion, Kühlhaus, Sporthalle – „das gibt es alles in aufgelassenen Kirchen“, sagte Hahn, der allerdings beispielsweise eine Disco ausschließen würde. Ein Caterer habe Interesse gezeigt, sich aber wieder zurückgezogen. Alle Versuche hätten „nichts gebracht, das muss man sehen“, bilanzierte Hahn.
Das Publikum in der Berger Kirche hob mit seinen Nachfragen eher auf das Fortbestehen der Kirche in ihrer jetzigen Form ab. Was wäre, wenn die Gemeinde die veranschlagten 700 000 Euro für die Sanierung des Turmes aufbrächte? Zu welchem Preis die Gesamtkirchengemeinde das Gotteshaus überhaupt verkaufen würde? Ob es auch an die Berger Kirchengemeinde oder an einen örtlichen Verein verkauft werde?
Es gehe nicht um einen möglichst großen Erlös, sagte Beck, der Käufer müsse jedoch in der Lage sein, die Kirche zu unterhalten und dies nachweisen.
In Punkto Finanzierung hatten die Bürger noch eine ganze Reihe von Vorschlägen auf Lager: eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach, ein Urnenfriedhof, eine Abgabe von Berger Bürgern für die Renovierung. Die Gemeindemitglieder könnten auch austreten und ihre Steuer direkt an die Berger Kirchengemeinde abführen, hieß es. Die reinen Unterhaltskosten von rund 16 000 Euro seien zumindest für Stadt und Kirche gemeinsam tragbar – dann könnte man die Kirche als Probe- und Auftrittsraum für Theater- und Musikgruppen nutzen.
Die Bürger sind jetzt gespannt, was die Landeskirche mit den Vorschlägen anfängt. Monika Benda, Sprecherin des Vereins Berger Bürger, stellt klar: „Für uns ist ein Konzept für die Nutzung der Kirche, das der Öffentlichkeit keinen Zugang mehr lässt, nicht akzeptabel.“ aia
foto: berger kirche
Der Turm der Berger Kirche bröckelt. Foto: aia