FDP besichtigt Gaswerk Gaisburg
Den Gaskessel hat man im Stuttgarter Osten ständig vor Augen. Wie lohnend umgekehrt der Ausblick von seinem Dach ist, stellten die FDP-Mitglieder und ihre Gäste fest, die bei einer Besichtigung des Gaisburger Gaswerks interessante und seltene Einblicke bekamen. Die EnBW-Mitarbeiter nahmen sich viel Zeit für die Besucher aus dem Stadtteil.
Eingeladen hatten die FDP-Stadtgruppen Ost, Neckarvororte und Bad Cannstatt. Rund 25 Leute wollten hoch auf den Gaskessel – einer der ältesten und größten in Europa, der noch in Betrieb ist. 1928/29 erbaut, im Zweiten Weltkrieg trotz Tarnanstrichs zerstört und danach wieder hergestellt, ist er heute als Industriedenkmal geschützt. Im Aufzug von 1949 geht es sehr gemächlich aufs Dach – sechs Minuten dauert die Fahrt bei maximal fünf Personen auf einmal. Oben eröffnet sich ein großartiger Rundblick, auf die Uhlandshöhe, die Gablenberger Weinberge, den Klingenbachpark als breites, grünes Band. Auch Raitelsberg liegt von oben gesehen in Grün eingebettet.
Weniger idyllisch ist der Blick ins Innere des Gaskessels. Ein penetranter Geruch nach Teeröl liegt in der Luft, weit unten im Dunkeln sieht man die Scheibe, die mit der Befüllung nach oben steigt und abdichtet. Der Kessel dient heute nicht mehr als Speicher, seine 300 000 Kubikmeter würden im Notfall nicht einmal eine Stunde für die EnBW-Kunden reichen, verriet Michael Munz, der Leiter des Gaswerks. Heute wird das Gas für die Reserve bei minus 163 Grad verflüssigt, wobei sein Volumen auf ein Sechshundertstel schrumpft. Das bei diesem Prozess nebenbei entstehende minderwertige Gas wird im alten Gaskessel wieder aufbereitet.
Die größte Herausforderung liegt derzeit aber in der Altlastensanierung. Der Boden ist stark mit krebserregenden und genverändernden Stoffen verseucht. Sie stammen aus der Zeit vor 1970, als auf dem Gelände aus Kohle Gas produziert wurde. Auch Zerstörungen im Krieg haben zur Bodenverseuchung beigetragen. Jetzt hat die EnBW zusammen mit der Stadt die Bodensanierung begonnen. 20 bis 25 Millionen Euro wird sie aktuellen Berechnungen zufolge kosten. Die Stadt ist finanziell beteiligt, weil die Schäden aus der Zeit stammen, in der das Gaswerk kommunal war. Norbert Ivenz, der seitens der EnBW für die Sanierung zuständig ist und die Bauleitung hat, machte vor Ort die Dimensionen des Vorhabens deutlich. Eine rund 700 Meter lange, im Erdreich eingegrabene Betonmauer dichtet das Gelände ab, so dass beim Ausbaggern kein verseuchtes Grundwasser entweichen kann. Das durchströmende Grundwasser wird über Brunnen abgepumpt und mit mehreren Filtern gereinigt. Die Konstruktion dieser speziellen Anlage habe viel Ingenieurskunst erfordert, sagte Ivenz: Allein für den Umgang mit dem extrem harten Wasser – es hat 67 Härtegrad – mussten sich die Experten eine spezielle Technik einfallen lassen.
Am Wochenende nach der Besichtigung fand auf dem Gelände des Gaswerks eine Großübung statt, bei der ein schwerwiegender Störfall simuliert wurde. Annahme war, dass während der Betankung eines Fahrzeugs mit verflüssigtem Erdgas der Schlauch am Tankfahrzeug abreißt, verflüssigtes Gas austritt und bei Mitarbeitern zur Erfrierungen führt. Zusätzlich träte nach einigen Minuten eine Explosion auf. Rund 170 Beteiligten haben an der Übung teilgenommen: 62 Kräfte der Feuerwehr Stuttgart und der EnBW-Werksfeuerwehr, 60 Helfer des DRK, 30 Mitarbeiter der EnBW, zehn Polizisten sowie weitere Verantwortliche. aia
gaskessel1: Beste Aussichten vom Dach des Gaskessels. Foto: aia