Der letzte Wienerwald in Stuttgart kämpft
Der Wienerwald in der Landhausstraße hat eine lange Tradition, die eng mit dem Namen Kokinakias verbunden ist. Weil sein Vater hier schon vor über 40 Jahren Göckele grillte, hält Vassilios Kokinakias am Standort fest. Problematisch ist dieser schon lange – und langsam werden der Inhaber und seine Frau mürbe.
Einst stand der Wienerwald für ein Stück österreichisch-deutsche Esskultur mit unzähligen Filialen. Der Niedergang dieses Imperiums ist eine lange Geschichte, die mit Stuttgart nichts zu tun hat. Bemerkenswert ist aber, dass es hier noch ein Wienerwald-Restaurant gibt. Vielleicht nicht mehr lange: „Wir hätten gern einen anderen Standort, mit weniger Hindernissen“, sagt Christina Dafni, Vassilios Kokinakias' Frau.
Die früher sehr gute Lage wurde schon mit der Sperrung der Landhausstraße schwierig. Viele Kunden, die beispielsweise Kokinakias‘ Werbung gesehen haben, finden aufgrund der Verkehrsführung die Adresse gar nicht und kurven lange erfolglos durchs Quartier – und Pfeile oder Hinweisschilder aufstellen darf der Wirt nicht. Diejenigen, die den Weg kennen, finden am Ende meistens keinen Parkplatz. Dieses Problem hat sich aktuell weiter verschärft, selbst der Wirt und die Mitarbeiter verbringen viel Zeit mit der Stellplatzsuche. Denn die drei Parkplätze, die sie bei der SSB gemietet hatten, hat diese wegen des Ersatzparkplatzes für die Rewe-Tiefgarage gekündigt.
Die Verkehrssituation in der Landhausstraße erschwert auch die Zulieferung, immer mal wieder bekommen die Lieferanten einen Strafzettel, weil sie sich nicht genau an die Vorgaben halten. Und den Lieferservice hat das Ehepaar Kokinakias wieder eingestellt. Sie seien permanent beim Raus- und Reinfahren von der Polizei gestoppt worden, berichten die beiden. Das habe zu viel Zeit gekostet, von den Nerven ganz abgesehen.
Mehrfach haben Kokinakias und seine Frau mit Unterstützung des Handels- und Gewerbevereins Stuttgart-Ost versucht, mit der Stadtverwaltung über die Probleme ins Gespräch zu kommen. „Wir stoßen auf taube Ohren“, sagen sie.
Auch beim Thema Bäume vor dem Haus haben die Wirtsleute das Gefühl, gegen Wände zu rennen. Gerne würde Christina Dafni die Baumbeete bepflanzen, damit sie schöner aussehen und Hunde nicht mehr so sehr verlocken, ihr Geschäft darin zu verrichten. Das Grünflächenamt tut das nicht, „selbst in Angriff nehmen dürfen wir es auch nicht“, sagt die Wirtin. Vor zwei Jahren hat sie dennoch einmal mehr als 600 Euro in die Hand genommen und die Baumbeete mit Blumen und Grün verschönert. Zwei Tage später waren alle Pflanzen verschwunden, keiner weiß, wohin. Das Grünflächenamt biete lediglich an, dass sie eine Baumpatenschaft übernehmen könnte, sagt die Wirtin. Die hat sie indirekt sowieso: Im Frühjahr und Sommer ist die Wienerwald-Belegschaft täglich mit dem Aufkehren der Robinie-Blüten beschäftigt. „Es regnet monatelang die Blüten, jeden Morgen kehren wir sie säckeweise zusammen“, sagt Dafni. Liegenlassen könne man sie schon wegen der Wespen nicht. Sie und ihr Mann glauben auch, dass die Wurzeln der Bäume die Kellerwände angegriffen haben, jedenfalls habe man regelmäßig Wasser im Untergeschoss.
Das alles interessiere niemanden, sagen die Wirtsleute. Dafür flatterte ihnen eines Tages ein Brief der Stadtverwaltung mit einem Luftbild ins Haus: Darauf war markiert, dass einer der draußen aufgestellten Tische entfernt werden müsse, denn wenn daran jemand sitze, verdecke er das benachbarte Straßenschild. Kokinakias sind der Aufforderung nachgekommen, wenn auch mit Kopfschütteln: Verdeckt wurde nicht etwa die Vorder-, sondern die mit Aufklebern verunzierte Rückseite des Schildes – eigentlich eine Lachnummer. Für die Betreiber des Wienerwalds fügt sich das aber ins Gesamtbild: Er habe einfach den Eindruck, „dass die Gastronomen nicht erwünscht sind“, sagt Kokinakias. aia
Christina Dafni und Vassiolios Kokinakias würden ihren Außenbereich gern verschönern.
Dieser Anblick durfte nicht verdeckt werden. Fotos: aia