Hoffen auf Spender für die Berger Kirche
Pfarrer Albrecht Hoch gibt die Hoffnung nicht auf. Seit Jahren verfällt die Berger Kirche. Die malerische Dorfkirche mitten in der Stadt steht leider nicht auf der Top-Liste der zu erhaltenden Gotteshäuser der evangelischen Gesamtkirchengemeinde. Deshalb gibt’s keine Kernsanierung. Die Suche nach Lösungen und Investoren blieb bislang ergebnislos. Selbst verschenken lässt sich die Kirche nicht, die 1855 eingeweiht wurde und eine architektonische Besonderheit darstellt. Eine ausländische Gemeinde, die das Haus übernehmen würde, müsste vermutlich zwei Millionen Euro für die Turmsanierung aufbringen.
„Sie ist zu schön, um sie vergammeln zu lassen“, schwärmt Pfarrer Hoch von der Heilandskirchengemeinde, zu der die Berger Kirche gehört. Eine sinnvolle Nutzung schwebt ihm vor: Kunst, Kultur und Kirche wären denkbar, ein Nachtclub in seinen Augen eher schräg. Aber selbst Gastronomie könnte er sich vorstellen. Sicher ist: „Man muss beweglich sein.“ Am allerliebsten wäre dem aufgeschlossenen Geistlichen ein privater Spender, der sich für die denkmalgeschützten Berger Kirche engagieren würde. „Das macht alles nur Sinn, wenn sich die Kirche öffnet“, weiß der erfahrene Seelsorger. Lesungen, Konzert oder ein kleiner Eventbereich, der etwa bei Hochzeiten für Empfänge benutzt werden könnte, wären denkbar: „Sinnvoll und verträglich anderweitig nutzen und sonntags Gottesdienste abhalten“, stellt er sich vor. Trotz der frühen Uhrzeit, um 9.20 Uhr, kommen die Besucher rege.
Aber dazu bedarf es Geld. Geld, das weder Stadt noch Kirche geben. Auch die Überlegung, Bänke rauszunehmen und als Stadtteilhaus zu öffnen, kam nicht zur Umsetzung. Die Stadt müsste sich an der Sanierung beteiligen, die Kirche den Löwenanteil beisteuern. Die Landeskirche verlangt aber von ihren Teilkirchen stimmige Konzepte.
So kam man schon vor Jahren auf die Idee, Urnenfächer einzubauen. „Jede größere Stadt hat ein Kolumbarium. In Stuttgart wäre es das erste“, so Pfarrer Hoch. Platz wäre für die Asche von 1500 Verstorbenen. Ein Fach kostet für 20 Jahre um die 2000 Euro schätzt Albrecht Hoch. Geld, das für die Turmsanierung verwendet werden könnte. „Eine Notlösung“, betont der Pfarrer. Und letztlich, eine Möglichkeit, um im Gespräch für private Spender zu bleiben und die Stadt zu motivieren, doch noch einzusteigen.
Die Verwaltung findet die Idee wenig prickelnd, fürchtet man doch große Einnahmenverluste bei den Urnenbestattungen auf städtischen Friedhöfen, wenn sich die Menschen für ein Kolumbarium in der Kirche entscheiden. Laut Pfarrer Hoch gingen die Urnenfächer in anderen Städten weg wie warme Semmeln. „Die Plätze waren in wenigen Monaten komplett verkauft.“ Im Hinblick auf die Entwicklung bei den Sterbezahlen und unter Beachtung der bereits jetzt stetig zunehmenden Freiflächen auf den 41 Stuttgarter Friedhöfen, bestehe in der Praxis keinerlei Bedarf an zusätzlichen Bestattungsörtlichkeiten, sagt der Technikbürgermeister Dirk Thürnau.
„Wir haben kein Interesse, die Stadt zu schädigen“, unterstreicht Pfarrer Hoch sein Anliegen. Aber wenn es keine andere Möglichkeit gibt, um Geld zu generieren.“ Man habe Verantwortung für das Kleinod, das im Zweiten Weltkrieg 1943 weitgehend zerstört und dank der Beharrlichkeit einiger Frauen wieder aufgebaut und 1955 erneut eingeweiht wurde.
Die hübsche Berger Kirche bröckelt schon seit einiger Zeit vor sich hin. Foto: aia